Briefe an Hitler

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Hitlers archiviert. In Moskauer Archiven hat der Historiker Henrik Eberle (Uni Halle) diese Briefe nun entdeckt, ausgewertet und zu einem faszinierenden Buch  ...
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Bild (bundesweit) vom 08. 10. 2007 10 Briefe an Hitler Henrik Eberle | (c) Axel Springer GmbH Hamburg

"Ein Volk schreibt seinem Führer" - Ein neues Buch enthüllt nie zuvor veröffentlichte Dokumente

Briefe an Hitler Neue Serie in BILD Sie sind wie ein Spiegel ihrer Zeit: Bitt-Briefe, Liebes-Briefe, Hass-Briefe, Gedichte, Treueschwüre, Hilferufe - Tausende Briefe an Adolf Hitler aus den Jahren 1925 bis 1945. Sie wurden in der Privat-Kanzlei Hitlers archiviert. In Moskauer Archiven hat der Historiker Henrik Eberle (Uni Halle) diese Briefe nun entdeckt, ausgewertet und zu einem faszinierenden Buch zusammengestellt: "Briefe an Hitler. Ein Volk schreibt seinem Führer".* BILD druckt exklusiv Auszüge. Heute Teil 1: Hitlers Aufstieg - Briefe aus den Jahren 1925 bis 1932. Von HENRIK EBERLE "Mein Führer!", "Sehr verehrter Herr Reichskanzler!", "Hochgeehrter Herr Hitler!" oder "Geliebter Führer!" - es gab mehrere Möglichkeiten einen Brief an Hitler zu beginnen. Die Anrede "Lieber Adolf!" findet sich nur in den Briefen, die Angela Raubal, Hitlers Schwester, an diesen richtete. Formal korrekt wären ab 1934 die Anreden "Mein Führer" - für Parteigenossen - sowie "Sehr geehrter Führer und Reichskanzler" gewesen. Doch die Briefe, die in Hitlers privater Kanzlei eingingen, waren meist alles andere als formale Schreiben. Es handelte sich um Glückwünsche und Bittgesuche, gut gemeinte Vorschläge und wütende Protestbriefe. An Hitler schrieben Lehrer und Schüler, Nonnen und Priester, Arbeitslose und Kommerzienräte, Admirale und einfache SA-Männer. DIE ZAHL DER BRIEFE, DIE HITLER ERHIELT, ZEIGT DEN VERLAUF DER POPULARITÄTSKURVE. 1925 passten die Schreiben in einen einzigen Aktenordner. Von Januar bis April 1933 waren es über 3000 Briefe, wie die Eingangsstempel der HitlerKanzlei belegen. Am Ende des Jahres werden es etwa 5000 Schreiben gewesen sein. 1934 gingen mindestens 12000 Briefe ein, 1941 waren es noch mehr als 10000. Zu seinem Geburtstag im April 1945 gratulierten Hitler weniger als 100 Personen. Selbstverständlich las Hitler die Briefe, von Ausnahmen abgesehen, nicht selbst. Rudolf Heß (ab April 1933 Hitlers Stellvertreter, Red.) und danach Albert Bormann (Bruder des berüchtigten späteren "Reichsleiters" Martin Bormann, Red.) fertigten Auszüge an oder trugen Hitler das vor, was sie aus den Briefen als

"Volksmeinung" herausgelesen hatten. *** Bereits etwa die Hälfte der Briefe und Postkarten des Jahres 1925 sind Treueschwüre oder Zustimmungserklärungen zum Programm der NSDAP. So ein Telegramm aus Dresden, das am 8. Juni 1925 um 9.45 Uhr an "hitler, thierschstr. 41, muenchen" übermittelt wurde: "zur fuenften germanischen bauernhochschulwoche aus allen gauen grossdeutschlands zusammengekommene nationalsozialisten gruessen in unwandelbarer treue und unerschuetterlichem glauben ihren fuehrer adolf hitler" als beauftragter walter zickler, dresden, johannesstr 9. Derartige Schreiben beantwortete Privatsekretär Rudolf Heß nicht. Zustimmung wurde bis 1933 gern zur Kenntnis genommen und abgeheftet. Wichtiger waren in dieser Zeit Aktivisten, die den Wunsch hatten, sich einzusetzen und, wenn es sein musste, aufzuopfern. *** Fritz Vogel aus Neudietendorf bei Erfurt schrieb am 24. April 1925: "Hochverehrter Herr Hitler! Man ist allgemein verwundert, dass Sie sich so auf das ungastliche und undankbare Bayern versteifen. Wenn man Sie dort nicht reden lassen will, was eine Schmach und Schande für alle Zeiten bleibt, so wäre es doch besser, Sie hielten Versammlungen außerhalb Bayerns ab, um da die Bewegung groß und stark zu machen... Vor allem sollten Sie aber die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben..." Mit aller Hochachtung ganz ergebenst Fritz Vogel Derartige Ratschläge hielt Hitler für

verzichtbar, weshalb das Schreiben ohne Antwort zu den Akten gelegt wurde. (Hitler war bis zu seiner Einbürgerung am 26. Februar 1932 staatenlos). *** Alfred Barg schrieb am 25. Wonnemond (Mai) 1925: "Mit völkischem Gruß zuvor! (...) Wie stellt Er sich zur Alkoholfrage? Ist die NSDAP-Partei (falls es einmal zum völkischen Großdeutschland kommt) für die Farben schwarzweiß-rot mit dem Hakenkreuz?" Mit Völkischem Heilgruß: Ihr völkischer Gesinnungsfreund Alfred Barg Rudolf Heß antwortet am 4. Juni 1925 "Im Auftrage des Führers": "Herr Hitler trinkt keinen Alkohol, es sei denn bei ganz außergewöhnlichen Anlässen ein paar Tropfen. Er raucht überhaupt nicht. Wie wir zu den Farben schwarzweiß-rot stehen, eben so wie zum Hakenkreuz, dass wir diese nie verleugnen, dürfte Ihnen bekannt sein." *** Zu den vielen Vereinen und Organisationen, die schon im Jahr der Wiedergründung der NSDAP um Hitler warben, gehörte auch der Deutschvölkische Verein München e.V. Man bat ihm am 25. Heumond (Juli) 1925 um seine Anwesenheit. "Euer Deutschgeboren! Wir gestatten uns, Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß am 1. August die Turnerjugend aus Villach in Kärnten auf ihrer Deutschlandfahrt, die sie unter der Losung Heim ins Reich' unternimmt auch München besuchen und bei unserem Verein zu Gaste sein wird. Wir geben uns die Ehre, Sie, als den Vorkämp1

fer für Deutsches Recht und Deutsche Freiheit, höflich einzuladen." Mit treudeutschem Turnergruß, Deutschvölkischer Turnverein München e.V. Dass sich Hitler an den Turnübungen erfreute, ist nicht anzunehmen. Er ging lieber in die Oper. Schenkungen und Erbschaften nahm er hingegen sehr gern an, auch wenn es sich um Kleinigkeiten handelte. *** Am 9. Juli 1925 wandte sich Dr. R. Niedermayer, Rechtsanwalt, an "Herrn Adolf Hitler, Thierschstr. 41/I": "Als Pfleger über den Nachlass der verstorbenen Direktorswitwe Frau Margarete Meindl in München ... beehre ich mich, Ihnen Folgendes mitzuteilen: Die Verstorbene, die eine große Verehrerin Ihrer politischen Bestrebungen war, hat vor ihrem Tod geäußert, dass eine große Palme, die sie in ihrer Wohnung hatte, nach ihrem Tode Ihnen übergeben werden soll." Hochachtungsvoll! Niedermayer, Rechtsanwalt. Heß antwortet am 14. Juli 1925: "... teile ich Ihnen mit, dass Herr Hitler die Palme gern übernehmen wird. Ihrer Nachricht zur Abholung sehe ich entgegen." *** Einer Dame aus Berlin sandte Heß die zugeschickten drei Taschentücher zurück und teilte ihr mit: "Sehr geehrte Frau Tröltzsch! Im Auftrag von Herrn Hitler sende ich Ihnen anbei die selbstgestickten Taschentücher zusammen mit Ihrem Brief vom 28. Mai. Was die Taschentücher mit Bild betrifft, so erteilt Herr Hitler nicht die Genehmigung, Taschentücher mit seinem Bild herzustellen." Mit deutschem Gruß i.A. R. Heß. Dieser Ton war recht frostig, und auch später verbat sich Hitler Kitschdevotionalien, etwa "Hitler-Torten". *** Elsa Walter sandte Hitler zu Weihnachten 1930 ein vollgeschriebenes Oktavheft, Titel "Die deutsche Frau": "An was krankt unser liebes Vaterland?

Vor allem auch an seinen Frauen, und eine Frau bedeutet die Seele im Haus und Land. Darum ist auch unsere Volksseele krank, da die größte Schar der deutschen Frauenwelt ihren gottgewollten Platz verlassen hat (...) Das Weib soll sich anlehnen an den Mann, als ihren starken Beschützer und Hüter im harten Lebenskampf, voll inniger Hingabe als Gattin und Mutter seiner Kinder. Das ist die gottgewollte Berufung des Weibes, und ein Abirren von diesem Weg bedeutet für das Weib, ihrer ureigensten Bestimmung verlustig zu gehen (...) Deutschland, dir muss wieder die Frau an den Herd, der Mann an die Arbeit des Erwerbes und die Mutterschaft heilig werden! Heil!" Ihre Elsa Walter, Weihnachten 1930. Elsa Walter repräsentierte die "Durchschnittsfrau". 1940 wurde sie hauptamtliche Parteifunktionärin im Gau Baden. *** "Mein Wunsch! Anschwellend braust durch alle deutschen Lande Ein Schrei, ein einz'ger mächt'ger Sehnsuchtsschrei! Hilf, Hitler, Du, aus aller Feinde Bande! Hilf, Hitler, und mach uns wieder frei!" Von Karl Leiff, Chef der NSDAPOrtsgruppe von Letschin im Oderbruch, am 27. Dezember 1931. *** Bei Wahlen in mehreren Ländern wurde die NSDAP am 24. April 1932 stärkste oder zweitstärkste Partei. Am 25. April 1932 schrieb ein Funktionär: "Sehr geehrter Herr Hitler! Wir wollen keinen mehr an der Regierung wissen, wir wollen nur ADOLF HITLER als Führer, als einzige starke Hand, als Diktator (...) Wir Nationalsozialisten wollen das Verbot aller Zeitungen, die Gift gegenüber unserem Führer verspritzt haben, Ausweisung aller Juden, Absetzung aller Gemeindevorsteher, die Dorfbewohner schikaniert haben und empörende Ungerechtigkeiten übten. Adolf Hitler, dem wir unser Blut geben: Packen Sie mit eiserner Hand und Strenge die Widerspenstigen, und füllen Sie das Programm aus, mit diktatorischem Willen. Kein Verhandeln, sondern Handeln! Wir vertrauen unse-

rem Führer und schenken ihm unsere Herzen mit jedem Pulsschlag!" Heil Hitler! Errette uns vor der Versklavung des inneren Feindes P.F. Beck, Lauban / Schlesien Lesen Sie morgen: Auf dem Weg zum Gipfel - Briefe von 1933-1935 "Vor allem sollten Sie aber die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben..." "Wir wollen nur ADOLF HITLER als Führer, als einzige starke Hand, als Diktator" Abbildung: Nazi-Diktator Adolf Hitler (1889-1945) in der Fantasie-Uniform seiner privaten Schlägertruppe SA ("Sturm-Abteilung"). Er nimmt 1927 den Vorbeimarsch seiner "Kämpfer" ab Abbildung: "Treudeutsche Grüße": Eine Abbildung: "NSDAP auf Mallorca" grüßt mit "Sieg Heil auf unseren Führer" (1932) Abbildung: "Liebwerter Herr Hitler!" Der ebenfalls rechtsextreme "Wehrwolf" beschwert sich, dass Mitglieder zu den Nazis überlaufen Abbildung: "Völkischer Gesinnungsfreund": Alfred Barg fragt, wie Hitler zum Alkohol und zum Hakenkreuz steht (1925) Abbildung: Im "Braunen Haus" in München: Im Kasino seiner Parteizentrale lauschen drei Dutzend SA-Männer und Parteigenossen ihrem "Führer" (1930) Abbildung: *Henrik Eberle (Hg.): "Briefe an Hitler. Ein Volk schreibt seinem Führer" Aus dem staatlichen Militärarchiv in Moskau. Lübbe, 476 S., 19,95 Euro. Abbildung: Fotos: ULLSTEIN, RUSSISCHES STAATLICHES MILITÄR-ARCHIV, AKG

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