Hildegard von Bingen - merkpunkt

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Ernährung bei Hildegard von Bingen. Die Hildegard-Medizin. Eine solche gibt es im eigentlichen Sinne gar nicht, da die Naturheilkunde bei Hildegard einen ...
HILDEGARD VON BINGEN UND DIE ERNÄHRUNG

Ernährung bei Hildegard von Bingen

Inhaltsverzeichnis

Das Leben der Hildegard von Bingen........................................................................3 Die Visionen und Schriften der Hildegard.................................................................4

Die Hildegard-Medizin...........................................................................5 Geistige Grundlagen.................................................................................................5

Dualität ...............................................................................................................................5 Kampf.................................................................................................................................. 5 Krankheit.............................................................................................................................5 Heilung................................................................................................................................ 6 Unsterblichkeit......................................................................................................................6 Die 5 Säulen der Gesundheit...................................................................................................6 Mensch und Natur.................................................................................................................6 Die 4 Elemente.....................................................................................................................7

Viriditas - die Lebensenergie....................................................................................7 Krankheitsursachen..................................................................................................7

Körpersäfte..........................................................................................................................7

Heilung.....................................................................................................................8

Bedingungen für ganzheitliche Heilung......................................................................................8 Reinigung/ Entschlackung/ Entgiftung.......................................................................................8

Ernährung.................................................................................................................9

Thermische Wirkung der Lebensmittel...................................................................................9 Konstitution des Menschen...................................................................................................9 Weitere Berücksichtigungen.................................................................................................9 Reinigende und stärkende Nahrungsmittel.................................................................................9 Ernährungsregeln................................................................................................................10 Vom übermäßigen Essen....................................................................................................10 Vom Durst.......................................................................................................................10 Mittagsschlaf....................................................................................................................10

Tugenden und Laster..............................................................................................11 Rezepte..................................................................................................................12 Herbst- und Winterreinigungsmittel........................................................................................12 Bärwurz-Birnen-Honig.......................................................................................................12 Antimelancholika.................................................................................................................12 Muskat-Zimt-Plätzchen......................................................................................................12 Frühjahrs- und Sommerreinigungsmittel.................................................................................12 Wermutelexier..................................................................................................................12

Quellenangaben und Literaturhinweise..................................................................13

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Ernährung bei Hildegard von Bingen

Das Leben der Hildegard von Bingen 1098

Hildegard von Bermersheim wird als 10. Kind einer hochadeligen Familie geboren. Sie ist von Geburt an kränklich und schwach. Im 3. Lebensjahr wird ihre Hellsichtigkeit entdeckt.

1106

Zieht sie mit der 20jährige Jutta von Spanheim in die Klause der Benediktinerabtei Disibodenberg

1114

Legt Hildegard das Ordensgelübde der Benediktinerinnen ab

1136

Wird Hildegard nach dem Tod Jutta von Spanheims zur Leiterin der Abtei gewählt

1141

Erhält sie während einer Schauung von Gott den Auftrag der Niederschrift ihrer Visionen. Sie beginnt die erste große Visionsschrift „Sci vias Domini“ (Wisse die Wege des Herrn)

1147/48

Bestätigt Papst Eugen III. ihre Schriften, die damit der Öffentlichkeit bekannt werden. Auch ihre zahlreichen Kompositionen werden weithin bekannt.

1149

Bekommt sie den visionären Auftrag auf dem Rupertsberg bei Bingen ein eigenes Kloster zu erbauen. Die Ausführung, Trennung, der Umzug und die ersten Jahre sind mit großen Schwierigkeiten verbunden.

1150

Übersiedelt sie mit ca. 20 Nonnen vom Disibodenberg nach dem Rupertsberg. Vom Rupertsberg aus kommuniziert sie mit den bekanntesten Persönlichkeiten des ganzen christlichen Abendlandes, mehr als 390 Briefe sind überliefert.

1151-58

Entsteht die Schrift „Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum“ (Das Buch von den Geheimnissen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe), das im 13. Jhd. in zwei Teile „Physica“ (Das Buch von den inneren Wesen der verschiedenen Naturen der Schöpfung) und „Causae et curae“ (Ursachen und Behandlungen der Krankheiten) aufgeteilt wurde

1158

Erste Predigtreise nach Mainz, Wertheim, Würzburg, Kitzingen, Ebrach und Bamberg durch visionäre Aufforderung. Beginn der Niederschrift „Liber Vitae Meritorum“ (Der Mensch in der Verantwortung)

1160

Zweite Predigtreise nach Trier, Metz und Krauftal.

1161/62

Dritte Predigtreise nach Boppard, Andernach, Siegburg, Werden, Lüttich und Köln.

1163

Beginn der Niederschrift „Liber divinorum operum“ (Das Buch der Gotteswerke)

1165

Erwerb und Wiederaufbau eines zweiten Klosters in Eibingen bei Rüdesheim. Beginn der Niederschrift „De operatione Dei“ (Welt und Mensch)

1170/71

Vierte Predigtreise nach Maulbronn, Hirsau und Zwiefalten

1171 (?)

Stirbt ihr Seelsorger und „Schreiber“ Mönch Volkmar

1178

Beginn der bis zum Tode andauernden Auseinandersetzungen mit den bischöflichen Behörden

1179

Stirbt Hildegard am 17. September

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Die Visionen und Schriften der Hildegard 1141-1151 entsteht die erste Niederschrift „Sci vias Domini“ – „Wisse die Wege des Herrn“, später nur noch „Scivias“ genannt – eine Glaubenslehre in 26 Schauungen 1151-1158 entsteht die Schrift „Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum“ (Das Buch von den Geheimnissen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe), das im 13. Jhd. in zwei Teile „Physica“ (Das Buch von den inneren Wesen der verschiedenen Naturen der Schöpfung) – eine Naturkunde und „Causae et curae“ (Ursachen und Behandlungen der Krankheiten) – eine Heilkunde aufgeteilt wurde 1158-1163 entsteht „Liber Vitae Meritorum“ (Der Mensch in der Verantwortung) – Das Buch der Lebensverdienste, Wechselgespräche zwischen Laster und Tugenden 1163-1173 entsteht „Liber Divinorum Operum“ (Das Buch der Gotteswerke) – 10 Kosmosvisionen 1165 entsteht „De operatione Dei“ (Welt und Mensch) Daneben komponiert sie 77 Antiphone (Kehrverse), Responsorien (Antwortgesänge) und Hymnen (Festlieder) sowie ein dramatisches Singspiel, welches in seiner Form zu ihrer Zeit einmalig war. Sie steht mit zahlreichen Persönlichkeiten des christlichen Abendlandes in Briefkontakt, mehr als 390 dieser Briefe sind erhalten geblieben. So führt sie einen regen Briefkontakt mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Alle Schriften Hildegards entstehen ihr während ihrer „Schauungen im Licht“ und sind göttliche Visionen. Sie zeigen ihr die inneren Kräfte in allem Lebendigen und das Zusammenwirken von Leib und Seele. Hildegard gilt bis heute als Volksheilige, offiziell wurde sie nie heilig gesprochen, obwohl seit 1227 immer wieder ihre Heiligsprechung beantragt wurde. Das Kloster Rupertsberg wurde 1632 im 30jährigen Krieg zerstört. Seine Reste liegen in der heutigen Ortschaft Bingerbruck und beherbergen ein Ausstellungshaus der Firma Würth. Die Kellergewölbe sind der Öffentlichkeit zugänglich. Das Eibinger Kloster wurde 1802 im Zuge der Säkularisation aufgehoben. 1904 gründet sich oberhalb des ehemaligen alten Klosters die Benediktinerabtei St. Hildegard. Der Reliquienschrein Hildegards befindet sich bis heute in der Stadtpfarrkirche in Eibingen. Ihre Schriften verschwanden gleich nach ihrem Tod und tauchten erst im 19. Jhd. an verschiedenen Stätten wieder auf. Übersetzt werden sie erst im 20. Jhd. vom Latein ins Deutsche. 1174-1190 schreiben ihr nahestehende Mönche ihre Lebensgeschichte nieder.

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Die Hildegard-Medizin Eine solche gibt es im eigentlichen Sinne gar nicht, da die Naturheilkunde bei Hildegard einen viel geringeren Stellenwert hatte, als heute hervorgehoben wird. An erster Stelle steht bei Hildegard immer das Heil der Seele. Ein Heil- und Ernährungssystem gab es deshalb bei ihr nicht. Krankheiten sind ein Zustand des Mangels, des Unvollkommenseins, Zeichen einer Disharmonie mit sich, Gott und der Welt. Zur Entwicklung der Seele und Verwirklichung des Menschseins gehört die Pflege und Erhaltung des Körpers ebenso wie Krankheit und Tod.

Geistige Grundlagen Dualität Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild und als Vollendung seiner Schöpfung. Der Mensch ist jedoch durch seine Dualität von Körper und Seele keineswegs vollkommen, sondern seine Seele hat die Anlage zur Vollkommenheit. Durch die göttliche Seele hat der Mensch die Gabe zu Vernunft und freiem Willen „Viel ist dir gegeben, viel wird von dir erwartet. Viel Einsicht hast du erhalten. Du kannst dich nicht entschuldigen, denn du hast damit alles, was du brauchst in dir: du hast das Wissen um Gut und Böse“ Durch die Verkörperung der göttlichen Seele mit einem irdischen Körper gerät der Mensch in einen ewigen Zwiespalt. Die Seele – das Leben-spendende-Prinzip – strebt mit Sehnsucht zu Liebe und spirituellem Wachstum, der Körper – das Lebenerhaltende-Prinzip – strebt mit Begierde nach Macht und Herrschaft. Kampf Der Körper und die Seele stehen in ständigem Kampf „Leib und Seele befeinden sich und stimmen selten überein.“ den die Seele gewinnen soll „Du mußt deinen Leib zähmen und der Herrschaft der Seele unterwerfen.“ denn der Körper schadet der Seele „Die sinnlichen Begierden hindern die Seele ihr Tun zu unterscheiden, bevor sie ihre Wunden an sich wahrnimmt.“ Das Leben ist eine lebenslange Herausforderung und Prüfung „Der Mensch muß sich immer wieder neu entscheiden das Gute zu wollen, weil die Natur des Menschen zur Sünde neigt.“ Begierden und Sünden sind bei Hildegard keineswegs rein sexueller Natur, wie die Kirche es oft betont, sondern stehen für Eigenschaften und Gewohnheiten, die sie in 35 Gegensatzpaaren von Tugenden und Lastern darstellt. Krankheit Die ständige Präsenz von Gut und Böse ist gleichzusetzen mit der ebenfalls ständigen Präsenz von Gesundheit und Krankheit. Zwischen beidem muss der Mensch immerwährend entscheiden. Krankheit und Heilung ist somit ein lebenslängliches Geschehen auf den Ebenen von Körper und Seele für alle Menschen, gesund oder krank. In diesem Sinne muss der Mensch sich immer wieder um das Gute bemühen und befindet sich immer in Auseinandersetzung um die Harmonie mit sich, Gott und der Welt. Krankheit ist eine göttliche Prüfung zur Heilung und Rettung der Seele. Sie ist Zustand des Mangels, des Unvollkommenseins, des nicht-in-Harmonie-sein mit sich, Gott und der Welt. „Wie könnte eine so große Ehre und Herrlichkeit, wie sie Euch verliehen ist, ohne Erprobung bleiben? Gold muß im Feuer geläutert und Edelsteine geschliffen werde. Wie könnte also das, was aus dem Bilde Gottes geschaffen ist, ohne Prüfung bestehen?“ © Gesundheitsberatung Britta-M. Lanzenberger 2004

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Krankheit entsteht für Hildegard in erster Linie aus der Maßlosigkeit, die ein Ungleichgewicht zwischen Gut und Böse schafft, welches die Seele verletzt. „Die Seele liebt in allen Dingen das rechte Maß. Wann auch immer der Körper des Menschen Ohne Diskretion ißt und trinkt, oder etwas anderes dieser Art verrichtet, werden die Kräfte der Seele verletzt.“ Heilung Heilung kann somit nur ganzheitlich geschehen. Heilung = Heil werden - Ganz werden, die Rückbindung an den Ursprung, der Weg in die Vollkommenheit - die Wiederherstellung als Gottes Ebenbild. Heilmittel sind nur dazu da, um die Seele bei der Heilung zu unterstützen. Sie können einen Mangel auffüllen oder ein Übermaß mindern. Es geht dabei nie ausschliesslich um das körperliche Befinden oder um einzelne Krankheitssymptome. „Wahre Heilung geht vom Herzen aus.“

Unsterblichkeit Die Seele aber ist unsterblich und wird wiedergeboren „Die Seele des Menschen, die von Gott dem Menschen vom Himmel herabkommt, ihn belebt und ihm seinen Verstand gibt, stirbt nicht, wenn sie den Menschen verläßt, sondern wandert, ewig lebend, entweder zum Lohne für ihr Leben oder zu den Qualen des Todes.“ „Sie ist himmlischen Ursprungs und verliert ihr Wissen darum nie.“ Die 5 Säulen der Gesundheit Mäßigkeit in allen Dingen Gesunde Ernährung

Fasten

Reinigen/ Entschlacken

Natürliche Heilmittel

Allgem. Lebensregeln

Tugendhafte Lebensweise Das Fasten ist für Hildegard ein Grundheilmittel, aber nicht als körperorientierte Heilanwendung, sondern als spirituelle Übung. Mensch und Natur Im Sinn der Kirche erhält die Schöpfung ihren Sinn nur durch den Menschen, die Natur steht ihm für leibliche Bedürfnisse und zum Heil seiner Seele zur Verfügung. Doch bei Hildegard ist der Mensch damit auch abhängig von der Natur, denn er kann ohne sie weder leben noch bestehen. „Macht euch die Erde untertan“ verbindet sich bei ihr mit Verantwortung und Miteinander. „Die ganze Natur soll dem Menschen zur Verfügung stehen, daß er mit ihr wirke“

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Die 4 Elemente Die Elemente und ihre Eigenschaften sind bei Hildegard grundlegender Bestandteil, da Gott den Menschen aus den Weltelementen formte. „Gott hat die Elemente der Welt geschaffen, sie sind im Menschen, und der Mensch wirkt mit ihnen.“

Luft

Atem

Hören

Sanguiniker

Blut

Denken

Feuer

Körperwärme

Sehen

Choleriker

Gelbe Galle

Wollen

Wasser

Säfte

Bewegung

Phlegmatiker

Schleim

Fühlen

Erde

Körper

Gehen

Melancholiker

Schwarze Galle

Handeln

Viriditas - die Lebensenergie Lateinisch „Viriditas“ heißt übersetzt das Grün, Frische, Jugendkraft. Bei Hildegard ist sie das Synonym für Lebenskraft, Lebendigkeit, Gesundheit und Fortpflanzung. Sie ist die göttliche Kraft, die zum Leben erweckt und gesund erhält. Sie ist in Lebensmitteln enthalten, wirkt aber auch in der Sexualität, im Willen, im Glauben, im Mikrokosmos ebenso wie im Makrokosmos. „Die Seele ist die grünende Lebenskraft im Leib, sie wirkt mittels des Leibes und der Leib mittels der Seele. Das ist der ganze Bestand des Menschen.“

Krankheitsursachen Krankheit und Leid sind immer anwesend durch:

• • • •

Konstitution Geschlecht Charakter Läuterung zur Reife

Körpersäfte Hildegard lebt auch noch ganz im Geist der antiken Humorallehre mit seinen vier Säften. „Vier Säfte gibt es. Die beiden wichtigsten von ihnen werden Phlegma genannt, die beiden anderen heißen Schleim.“

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Sie unterscheidet in Trockenes, Feuchtes, Wässriges und Schaumiges. Nimmt ein Saft überhand, so entsteht ein Ungleichgewicht, dass Krankheiten nach sich zieht. Ein Übermaß an Phlegma und Schleim verursacht die meisten Krankheiten. Ausgelöst wird dies durch: 1. Negative Lebenseinstellung „Da die Gedanken ihren Sitz im Herzen haben, sind sie entweder süß oder bitter. Das Süße macht das Gehirn fett, das Bittere entleert es.“ 2. 3. 4. 5.

Schädliche Nahrungssubstanzen Dazu zählen heute insbesondere Konservierungsstoffe, Aromen, Farbstoffe etc. Nicht abbaubare Stoffwechselprodukte Zum Beispiel durch Übersäuerung Mangelnde natürliche innere Reinigung Über Darm, Nieren, Haut, Schleimhäute, Lunge, Gebärmutter Krankmachende kosmische Einflüsse Dazu zählen heute insbesondere Umweltverschmutzung, Elektrosmog und Lärm

Heilung Da Krankheit bei Hildegard immer von einem Übermaß verursacht wird, ist die Therapie der Reinigung, Entschlackung und Entgiftung naheliegend. Hiermit meint sie jedoch nicht nur die Reinigung des Körpers, sondern eine einhergehende Reinigung der Seele! Aufbau- und Stärkungsmittel helfen bei Schwächezuständen. Bedingungen für ganzheitliche Heilung 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Natürliche, gesunde, maßvolle Lebensweise Fürsorgliche Beziehung Mensch – Natur Gute Gedanken, Charaktereigenschaften, Gewohnheiten Mitfühlende Beziehung Mensch – Mensch Fasten, Gebet, Meditation, Kontemplation Vertrauliche Beziehung Mensch – Gott

Reinigung/ Entschlackung/ Entgiftung 1.

Natürlich über: • Darm Stuhlgang • Nieren Urin • Haut Schwitzen • Schleimhäute Sekrete • Lunge Atmung • Gebärmutter natürliche Menstruation 2. Durch reinigende Nahrungsmittel 3. Durch äußere Maßnahmen: - Bäder/ Sauna - Aderlaß - Schröpfen

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Ernährung „Euch ist alles erlaubt, jedoch nicht alles ist euch von Nutzen.“ Kor. 6,12 Es gibt bei Hildegard kein Ernährungssystem, sondern nur Bewertungen von einzelnen Lebensmitteln. Sie unterscheidet in schädliche, prophylaktische und heilende Lebensmittel und setzt diese immer in Beziehung zum Menschen. Da es eine Trennung von Seele und Körper zu Hildegards Zeit noch nicht gab, wirken Nahrungsmittel immer gleichzeitig auf beides. „Wenn der Mensch ißt und trinkt, führt die Vernunft den Geschmack, den feineren Saft und den Geruch der Speisen und Getränke zu seinem Gehirn und erwärmt dies. Die übrigen Bestandteile der Speisen und Getränke, die zum Magen hin gelangen, erwärmen das Herz, die Leber und die Lunge.“ Thermische Wirkung der Lebensmittel Warm Kalt Feucht Trocken Konstitution des Menschen Phlegmatiker – der schnell wieder vergißt Schwarzgalliger – mit traurigem Gemüt Sanguiniker – von sanfter und heiterer Gemütsart Choleriker – mit starkem Willen und von Jähzorn Weitere Berücksichtigungen Krank Gesund Fett Mager Alt Jung Schwach Kräftig Warm Kalt Männlich Weiblich Sommer Winter Reinigende und stärkende Nahrungsmittel • Bärwurzbirnenhonig • Bertram • Kornelkirsche • Mispel • Muskat-Zimt-Kekse • Salbei • Wermut (-elexier) • Ysop • Zimt Über die Edelkastanie schreibt Hildegard: „Der Mensch, dem das Gehirn infolge Trockenheit leer ist und der daher schwach im Kopf ist, koche die Fruchtkerne in Wasser und er füge nichts anderes hinzu, und wenn das Wasser ausgegossen ist, soll er es oft nüchtern und nach dem Essen nehmen und sein Gehirn wächst und wird gefüllt und seine Nerven werden stark und es wird der Schmerz im Kopf weichen.“ Über die Muskatnuß schreibt sie: „Es öffnet dein Herz und deine stumpfen Sinne und macht deinen geist fröhlich und reinigt deine Sinne, und mindert alle schädlichen Säfte in dir und verleiht deinem Blut einen guten Saft und macht dich stark.“ Zu den schädlichen Nahrungsmitteln - auch „Küchengifte“ genannt - zählt Hildegard Erdbeeren, Schweinefleisch, Lauch, Pfirsich, Pflaume, rohe Zwiebel und rohen Sellerie. Auch über den Ingwer hat sie keine gute Meinung. © Gesundheitsberatung Britta-M. Lanzenberger 2004

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Ernährungsregeln • Frühstück Gesunde Menschen sollen sich bis Mittags eines Frühstücks enthalten Auf nüchternen Magen empfiehlt sich eine trockene Speise aus Erdfrüchten und Mehl Feuchte Speisen als erste Mahlzeit unterlassen (z.B Obst oder Kräuter) • Abendessen Dieselben Speisen wie Tags Zeitig essen und anschliessend einen Spaziergang machen • Saisonal Bei Kälte verursachen heiße Speisen Schwarzgalle, kalte Speisen Fieber Im Winter warme und lauwarme Speisen bevorzugen Im Winter reichlich essen Bei Hitze verursacht heiße Nahrung Gicht, kalte Phlegma Zu jeder Zeit gemäßigt warme Nahrung Vom übermäßigen Essen „Wenn aber manche Menschen zuweilen irgendwelche Speisen in übermäßiger Menge genossen haben, das heißt: rohe und ungekochte oder halbgare und besonders und außergewöhnlich fette und schwere oder auch saftlose und trockene, dann können manchmal das Herz, die Leber und die Lunge und die andere Wärme, die im Menschen ist, dem Magen nicht mit soviel und so starkem Feuer beispringen, daß diese Speisen gargekocht werden. Hat nun einer von ihnen die verschiedenen Speisen maßlos und ohne Auswahl aufgenommen, dann wird durch die mannigfaltigen Säfte dieser Speisen seine Leber geschädigt und verhärtet.« Vom Durst „Wenn ein Mensch ißt, arbeitet er beim Essen wie eine Mühle, so daß er innerlich warm und trocken wird. Dies ist der Durst. Dann muß er etwas trinken. So muß er zwischen dem Essen verfahren, weil, wenn er auf die feste Nahrung, also, während er ißt, nicht tränke, er geistig und körperlich beschwert werden würde. Wenn er aber beim Essen übermäßig trinkt, erzeugt er in den Säften seines Körpers eine nachteilige, stürmische Uberschwemmung, weil die guten Säfte in ihm verdünnt werden. Kein Mensch soll auf leeren Magen trinken, sei denn, daß er durch Schwächezustände dazu genötigt wird nüchtern zu trinken, und es ist ihm dann gesünder, Wein zu trinken statt Wasser. Trinkt jemand ohne zwingenden Grund nüchtern Wein, macht dieser ihn gierig im Verlangen nach Speise und Getränk und sinnlos und töricht in seinen Gedanken.“ „Im Winter soll der Mensch nicht zu viel trinken, weil dann die Luft seine Säfte anfeuchtet. Im Sommer dagegen soll er mehr trinken wie im Winter. Das dann genossene Wasser schadet ihm wegen der Trockenheit der Erde weniger. Im Sommer, wenn der Mensch innerlich warm und gesund ist, soll er mäßig lauwarmes Wasser trinken, damit ihm warm wird. Das ist für seine Gesundheit vorteilhafter, wie wenn er Wein trinkt. Wer aber am Körper schwach ist, soll im Sommer mit Wasser gemischten Wein oder Bier trinken, weil ihn das mehr erquickt, wie wenn er Wasser trinkt.“ Mittagsschlaf „Der Mensch soll nicht gleich nach dem Essen schlafen. Vielmehr soll er sich nach dem Essen eine kurze Zeit hindurch des Schlafes enthalten. Hat sich aber ein Mensch kurze Zeit hindurch des Schlafes enthalten und sich darauf etwa eine Stunde zur Ruhe gelegt, dann nehmen Fleisch und Blut dadurch zu und er wird dadurch gesund.“

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Tugenden und Laster Liebe zum Himmlischen



Weltliebe

Zucht



Ausgelassenheit

Schamhaftigkeit



Vergnügungssucht

Barmherzigkeit



Herzenshärte

Gottes Sieg



Feigheit

Geduld



Zorn

Sehnsucht



Ausschweifung

Enthaltsamkeit



Schlemmerei

Freigebigeit



Engherzigkeit

Frömmigkeit



Gottlosigkeit

Wahrheit



Lüge

Friede



Streitsucht

Glückseligkeit



Schwermut

Maß



Maßlosigkeit

Seelenheil



Verstocktheit

Demut



Hochmut

Liebe



Mißgunst

Gottesfurcht



Ruhmsucht

Gehorsam



Ungehorsam

Glaube



Unglaube

Hoffnung



Verzweiflung

Keuschheit



Wollust

Gerechtigkeit



Ungerechtigkeit

Stärke



Stumpfsinn

Heiligkeit



Gottversessenheit

Beharrlichkeit



Unbeständigkeit

Sehnsucht nach dem Himmlischen



Sorge für das Irdische

Herzenszerknirschung



Verschlossenheit

Vollkommenheit



Habsucht

Eintracht



Zweitracht

Ehrfurcht



Spottsucht

Stetigkeit



Umherschweifen

Gottes Dienst



Zauberei

Genügsamkeit



Geiz

Himmlische Freude



Weltschmerz

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Rezepte Herbst- und Winterreinigungsmittel Bärwurz-Birnen-Honig Rezept nach Karin Scheidacker „Und alle üblen Säfte die im Menschen sind vernichtet sie und reinigt den Menschen so, wie ein Geschirr vom Schmutz gereinigt wird.“ 3 Birnen zerschneiden und kochen (Birnenkochwasser abgießen) Zu einem Brei zerdrücken 5 flach gestrichene Bärwurzmischpulver in 2-3 EL warmen Honig einrühren und mit dem Birnenbrei verrühren In ein Glas abfüllen Bärwurzpulvermischungen gibt es in Apotheken oder Naturkostläden. Der Bärwurz-Birnen-Honig ist ein universales Herbst- und Wintermittel. Als Kur während der Birnenzeit morgens einen Teelöffel, mittags und abends einen Esslöffel voll einnehmen. Antimelancholika Muskat-Zimt-Plätzchen Rezept nach Dr. Hertzka „Und wenn ein Mensch die Muskatnuß ißt, öffnet sie sein Herz, reinigt seine Sinne und bringt ihm einen guten Verstand.“ Gewürzmischung 45 g Muskatpulver 45 g Zimtpulver 10 g Nelkenpulver 250 g Dinkelvollkornmehl mit 4 EL Gewürzmischung, 75 g Vollrohrzucker 100g kalter Butter und ca. 3 EL Wasser zu einem Mürbeteig verkneten Im Kühlschrank mindestens eine Stunde ruhen lassen, dann dünn ausrollen, Kekse ausstechen und 12-15 Minuten bei mittlerer Hitze backen. Die Plätzchen sind ein Heil- und kein Genußmittel ! Frühjahrs- und Sommerreinigungsmittel Wermutelexier Rezept nach Dr. Hertzka „Es wärmt den Magen und reinigt die Eingeweide und bereitet eine gute Verdauung.“ 1 Liter guten Weißwein mit 100-150 g Honig und 40 ml Wermut-Frischsaft mischen und in eine Flasche abfüllen. Im Kühlschrank aufbewahren und bald verbrauchen.

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Quellenangaben und Literaturhinweise „Alle Schönheit des Himmels“ von Charlotte Kerner im Beltz&Gelbert Verlag „Die Welt der Hildegard von Bingen“ von Heinrich Schipperges im Herder Verlag „Handbuch der Hildegard-Medizin“ von G. Hertzka und W. Strehlow im Bauer Verlag www.abtei-st-hildegard.de www.meteoros.de www.wolfgang-schumacher.de www.heiligenlexikon.de

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