Platon: Kratylos. „Kratylos behauptet [...], es gebe von Natur einen richtigen
Namen für jedes Ding“, die Namen (Worte) kämen nicht über Konvention
zustande.
Platon: Kratylos „Kratylos behauptet [...], es gebe von Natur einen richtigen Namen für jedes Ding“, die Namen (Worte) kämen nicht über Konvention zustande. (S.2) Thema des Dialogs: Wie verhält es sich mit der Richtigkeit (und der Wahrheit) von Worten/ Namen? Wichtig: Platon unterscheidet (implizit) zwei Ebenen des Verstehens (bzw. der Richtigkeit) von Worten. 1. Verstehen im Sinne des Zugangs zu den Dingen: Richtigkeit zwischen Abbild und Original, 2. Verstehen der Worte untereinander. Aus der Unverständlichkeit der Zeichen/ Worte (im Sprachgebrauch: fremde Sprache) aus sich heraus, läßt sich nichts folgern für das Verhältnis Wort – Realität. Metaphysische Ebene der Sprache vs. Kommunikative Ebene. 1. Teil Hermogenes - Sokrates - Einführung/ Thesen: Worte sind willkürlich - Weg: Reden ist eine Tätigkeit/ Worte sind Werkzeug – Werkzeuganalogie - Ergebnis: Worte repräsentieren die Ideen These des Hermogenes: Namen kommen über Konvention und Verabredung zustande. Es gibt keine natürliche Richtigkeit (Name des Sklaven) für Namen, sie sind vielmehr per Gesetz und Gewohnheit begründet. Sokrates führt die Wahrheit ein: Eine Rede und all ihre Teile, ist wahr, wenn sie sagt, wie das Seiende wirklich ist. Die kleinsten Teile einer Rede sind Worte. Je nach Wahrheit der Rede, sind die Worte also wahr oder falsch. Hermogenes: Ein Ding kann viele Namen haben: Je nach Staatsgebiet heißen die Dinge anders. Wie verhält es sich mit den Dingen? These: Die Dinge sind für jeden verschieden (der Mensch ist das Maß aller Dinge: Protagoras). Wenn für jeden alles so ist wie es ihm scheint, kann es also keine Menschen geben die von Natur aus vernünftig oder unvernüftig sind. (S.8), Wenn es Vernunft gibt, kann also keiner vernünftiger sein als der andere wenn auch wahr sein soll, das alles so ist wie es jedem erscheint. Gegenthese: Jedem kommt alles immer, zugleich und auf gleiche Weise zu. Dies ist auch nicht der Fall, sonst gäbe es keine schlechten und guten Menschen. Synthese: Jedes Ding besitzt eine gleichbleibende Wesensart, unabhängig von unserer Einbildung. Mit den Tätigkeiten verhält es sich genauso. Tätigkeiten verhalten sich auch gemäß ihrer Natur. Reden ist auch eine Tätigkeit, die sich nach der angemessenen Natur der Tätigkeit richten muß um etwas auszurichten (S.10). Ein Teil des Redens ist das Benennen. Auch das Benennen muß sich an der Natur des Gegenstandes „Benennen“ ausrichten um Wirkung zu zeigen. Das Werkzeug des Benennens sind die Worte (Namen). Worte haben zwei Funktionen/ Zwecke, sie unterteilen das Wesen und teilen etwas mit.
Woher kommen die Worte derer sich der Mitteilende bedient, wo liegt der Ursprung? (Der Ursprung des Werkzeugs Bohrer, dessen sich der Bohrende bedient, ist der Schmied). Die Worte sind Werke eines Gesetzgebers der diese Kunst versteht, sie können nicht von jedermann gebildet werden. Wonach richtet sich der Wortbildende? Er richtet sich nach den Ideen, die den Dingen zugrundeliegen. Der Wortbildende (Gesetzgeber) muß sich also nach der Idee des Wortes richten. Die sprachlichen Zeichen selbst (die Silben, das Werkzeug) können allerdings je nach Gesetzgeber unterschiedlich sein, solange sie der Idee des Wortes entsprechen. Zusammenfassung: Die Richtigkeit eines Wortes hängt ab, von der Repräsentationsleistung des Wortes gegenüber der zugrundeliegenden Idee des Wortes. In verschiedenen Sprachen repräsentieren die Worte also dieselbe Idee mit unterschiedlichen Lautzeichen. (S.16) Wer beurteilt nun ob ein Wort richtig ist oder nicht: Der Dialektiker. Zwischenergebnis: Die Worte kommen den Dingen auf natürliche Weise zu. Der Wortbildner richtet die sprachlichen Zeichen (die Silben) nach der Natur des Dinges auf das sie sich beziehen sollen (auf die Ideen). Nicht jeder kann Worte bilden, sondern nur derjenige der sich nach den Worten richtet die jedem Ding von Natur aus zukommen. 2. Teil: Ethymologieteil Hermogenes fragt was die naturgemäße Richtigkeit eines Wortes denn nun ist. An dieser Stelle folgt der lange Teil ethymologischer (Frage nach der Entstehungsgeschichte der Worte) Untersuchung: Dabei stellt Sokrates fest, daß sich die lautliche Erscheinung (Buchstabenabfolge, Einschübe, Kürzungen) verändern kann –aus Gründen des Wohlklangs- die Worte in ihrer Repräsentationsform der Idee aber erhalten bleiben. (S.25f.) Weiterhin ergibt sich die Namenszuteilung aus der Gattung, nicht aus der Abstammung. (S.27) Genese der Namen I: Die Namen der Götter (S.32) Einschub: „Anthropologie“ (S.37) Genese der Namen II: Mensch (anthropoi); Seele (Psychê); Leib (sôma) Genese der Namen III: Die einzelnen Götter (S.41ff.) Einschub: These des Heraklit: „Alles fließt“ (S.43) Genese der Namen IV: Die Naturphänomene Sonne, Monde, Sterne; Äther, Luft, Feuer, Wasser, Jahreszeiten und Jahr. (S. 56 ff.) Genese der Namen V: „Die auf die Tugend sich beziehen“: Denken, Venunft, Einsicht, Gerechtigkeit (S.61ff.), dann Kunst(S.68)
Einschub: Bei der Beurteilung der Dinge, spielt die eigene Vorstellung eine Rolle. Beim Nachdenken über die Beschaffenheit der Dinge wird einem ‚schwindelig‘, dieser Zustand wir dann den Dingen selbst zugesprochen: Es erscheint uns, daß die Dinge sich bewegen und sich ständig verändern, in Wirklichkeit ist dies auf die ständige Bewegung des menschlichen Geistes zurückzuführen. Gerade beim Wort „Denken“ spielt diese Betrachtung eine grosse Rolle. Genese der Namen VI: Tugend und Schlechtigkeit (S.70), dann schön, häßlich (S.72), anschließend, „die dem Guten und Schönen zusammenhängenden Begriffe“, zuträglich, vorteilhaft usw. (S.73ff) Einschub: Wo liegt der Ursprung der Benennung: In der Feststellung der Namen der Dinge durch das Denken (S.72f.) Genese der Namen VII: Lust, Schmerz, Begierde (S.79), dann Vorstellung (S.81) Genese der Namen VIII: Wahrheit, Lüge, das Seiende und „Name“ selbst (S.82) Sokrates erklärt alle Worte mittels Zergliederung auf zugrundeliegende, Hermogenes fragt, wie denn die zugrundeliegenden Wortteile zu erklären seien. Sokrates Vermutung: Die Stammwörter lassen sich nicht mehr näher zergliedern, und ihr Bezug ist jetzt nicht mehr einsehbar. (S.84) Methodische Frage: Wie lange darf man fragen? Solange bis die Grundwörter gefunden sind: Sie lassen sich nicht weiter unterteilen. Worin besteht die Bedeutsamkeit der Stammwörter/Grundwörter? Wie bei den abgeleiteten auch, geben sie das Wesen der Dinge wieder. Wie sind sie dazu in der Lage? Vermutung: Zeichen entstehen durch Nachahmung, dies ist aber nicht mit Benennen gleichzusetzten! Die Namen/Worte ahmen das Wesen der Dinge in Silben und Buchstaben nach. (S.90ff.) Es folgt eine Spekulation Sokrates‘ über die Zuordnung der Laute in den identifizierten Stammwörtern bzw. die Identifikation von Buchstabenklassen zu den Dingen die mit den Stammwörtern ausgedrückt werden. (S.94ff.)
3. Teil: Kratylos – Sokrates (S.97) -
Ziel des Sok.: Es gibt auch falsche Namen Weg: Gemäldeanalogie Ebenenunterschied: Prinzipielle Richtigkeit (Sinnhaftigkeit) von Namen vs. konkrete Richtigkeit von einzelnen Namen → Missverständnis
Sokrates konstatiert: Zweck der Worte ist Mitteilung/Belehrung. Kratylos und Sokrates kommen überein, daß die Worte/ Namen, verschieden von den Gegenständen sind. Ferner, daß die Worte Nachahmungen der Gegenstände sind.
Sokrates bemüht die Metapher des Malers: Gemälde sind in anderer Weise Nachahmungen von Gegenständen. Werden Nachahmungen auf Gemälden den Dingen auf richtige Weise zugeordnet (Abbildung Mann -> Mann) so spricht Sokrates von richtig; werden Namen/ Worte auf diese Weise zugeordnet, spricht er von richtig und wahr. Umgekeht spricht er bei Gemälden von nicht-richtig und bei Namen von nicht-richtig und falsch (unwahr). Die Zuteilung der Namen zu den Dingen kann also auch falsch sein (falsch reden) oder eben wahr (wahr reden). Dieser Tatbestand erstreckt sich auch auf Aussagewörter und Sätze. Sokrates kommt auf das Wortbilden zurück und einigt sich mit Kratylos, daß es vielleicht unterschiedliche gute Wortbildungen gibt. Kratylos: Durch Veränerung der Buchstaben eines Wortes wird das Wort entstellt und ist nicht mehr dasselbe. Sokrates wendet ein, daß dies bei Zahlen der Fall ist (quantitativ) bei allen Abbildungen (qualitativ) nicht gilt. Vielmehr zeichnet sich ein Bild eben durch die Differenz zum Ding an sich aus (Zwei Kratylos). Analog bei den Worten: Die Worte verdoppeln die Welt nicht! (S.108) Schluß: Es gibt gute und schlechte Worte, was ihre Repräsentationsleitsung gegenüber den Dingen angeht. Das Wort repräsentiert das Ding solange, als der Charakter des Dinges noch im Wort wiederzuerkennen ist. Das Wort ist also ein Zeichen für ein Ding durch Silben und Buchstaben. (S.110) Was macht die Richtigkeit von Worten nun aus? Anders: Wie werden die Stammwörter Zeichen für die Dinge. Da die Stammwörter aus Lauten zusammengesetz sind, muß die Ähnlichkeit mit den Dingen über die Laute zu finden sein. Allerdings gibt es keine feste Zuordnung zwischen Laut und Ding: An einem Beispiel überzeugt Sokrates Kratylos indem er zeigt, daß Kratylos versteht, obwohl Sokrates die zuvor angenommene Übereinstimmung zwischen Laut und Ding missachtet. Das Verstehen wird möglich per Übereinkunft. Sokrates stellt fest, daß die Übereinkunft doch einen wesentlichen Teil zur Bildung der Worte beiträgt. (S.113) Dann: Frage nach dem Zugang zu den Dingen mittels der Worte. Gibt es noch andere Zugangsweisen? Kratylos verneint. Wie soll der erste Wortbildner die Worte aber nach den Dingen geformt haben, ohne über Worte Zugang zu den Dingen bekommen zu haben? Da die Worte, was die Wahrheit über die Dinge angeht (nach ihren lautlichen Zeicheneigenschaften) nicht eindeutig zugeteilt werden können, muss es auch einen anderen (wichtigeren) Weg geben das Wesen der Dinge zu ergründen (S.123). Möglichkeiten der Erkenntnis durch Worte, Grenzen der Erkenntnis in Bezug auf Heraklits These alles ist im Wandel auf S.124-126.